Jüdischer Hausrat aus Weener unterm Hammer
Auf der Flucht vor den Nazis blieb das Hab und Gut von Benjamin und Elisabeth de Jonge im Bremer Hafen zurück
Sie haben den systematischen Massenmord überlebt, aber auf der Flucht vor den Nazis alles zurücklassen müssen: Benjamin Heinrich de Jonge und seine Ehefrau Elisabeth (»Else«) aus Weener wanderten im April 1940 über Russland nach Cleveland im US-Bundesstaat Ohio aus. Bedrückende Zeugnisse ihres Schicksals sind in einer neuen Datenbank im Internet zu finden, die das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven gestern offiziell gestartet hat - auf den Tag genau 84 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs mit dem deutschen Überfall auf Polen. In der »LostLift«-Datenbank sind bislang 5500 Einträge im Personenregister sowie rund 3200 Einträge zu konkreten Fällen über den Raub des Hab und Guts jüdischer Flüchtlinge durch die Nationalsozialisten enthalten. Ein Klick auf den Suchbegriff »Weener« wirft ein Schlaglicht auf die Umstände, unter denen das Ehepaar de Jonge seine Heimat zwangsweise verließ. Drei Dokumente belegen, dass die Nazis praktisch ihren gesamten Hausstand zu Geld machten. So ist eine Zeitungsanzeige zu sehen, in der die Gerichtsvollzieher Gustav Kühling und Hermann Berthold die Versteigerung diverser Wertsachen ankündigen. Am Montag, 27. Juli 1942, ab 10.30 Uhr kam das von der Gestapo Bremen beschlagnahmte Hab und Gut der jüdischen Weeneraner unter den Hammer. Das Protokoll listet 104 Posten auf, die bei der Versteigerung im Bremer Hafen exakt 3758,50 Reichsmark einbrachten. Handschriftlich vermerkt sind die Namen der Käufer mit ihrem jeweiligen Höchstgebot. Die Einnahmen hat Gerichtsvollzieher Kühling am 18. August 1942 an die Finanzkasse Bremen Ost überwiesen. Weitere 18 Posten mit einem Betrag in Höhe von insgesamt 2585,50 Reichsmark sind in einem Zusatzprotokoll für das Wirtschaftsamt Bremen aufgeführt. Ebenfalls genannt ist die Spedition F.W. Neukirch, die Benjamin de Jonge demnach bereits 1939 mit dem Transport eines Liftvans voller Hausrat beauftragt hatte.