Eine zweite Heimat nach dem Krieg

Rund 100.000 Flüchtlinge und Vertriebene aus ehemaligen deutschen Ostgebieten strandeten in Ostfriesland


Ein sogenanntes Behelfsheim für Kriegsvertriebene wurde unter anderem auf der Gefügelfarm Cramer an der Leerorter Chaussee in Weener errichtet. © Foto: Garen/RZ-Archiv (www.sowasdat.rheiderland.de)
Ein sogenanntes Behelfsheim für Kriegsvertriebene wurde unter anderem auf der Gefügelfarm Cramer an der Leerorter Chaussee in Weener errichtet. © Foto: Garen/RZ-Archiv (www.sowasdat.rheiderland.de)

Sie kamen aus Schlesien, aus Ostpreußen, aus Pommern oder dem Sudetenland: Weil Nazi-Deutschland den selbst entfachten Zweiten Weltkrieg verloren hatte und starke Landverluste im Osten hinnehmen musste, flüchteten viele Familien vor den anrückenden sowjetischen Soldaten oder wurden nach Kriegsende vertrieben. Wohl rund acht Millionen Menschen strandeten in diesem Zuge in den alliierten Westzonen des zerschlagenen Deutschlands. Allein in Ostfriesland lebten im Jahr nach dem Kriegsende rund 70.000 Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reichs. Insgesamt werden es in Ostfriesland damals wohl etwa 100.000 Migranten gewesen sein, jedoch nicht gleichzeitig, so der Historiker Prof. Dr. Bernhard Parisius. Nach Recherchen des ehemaligen Leiters des Auricher Staatsarchivs war die Quote derjenigen, die weiterzogen, derart groß, dass 1961 nur noch 30.000 von ihnen in Ostfriesland geblieben waren. Ein wichtiger Grund waren die fehlenden Arbeitsplätze. Der Glaube spielte ebenfalls eine Rolle. »Ein großer Teil der Menschen kam aus der Grafschaft Glatz in Schlesien, war streng katholisch und vermisste im protestantischen Ostfriesland vor allem das aus der Heimat gewohnte intensive Kirchenleben«, erklärt Parisius.