»Wenn ein Mensch ein Mensch ist«
Jüdisch-christliche Feiertage bei Albrecht Weinberg und Gerda Dänekas
Der warme Schein der Kerzen strahlt bei Gerda Dänekas und Albrecht Weinberg in Loga heller als in anderen Wohnzimmern. Denn sie entzünden sowohl die christlichen Adventskerzen als auch die jüdischen Chanukka-Kerzen. Religiöser Fanatismus ist dem Paar fremd. Nicht das Trennende, sondern das Verbindende wird gelebt. »Wir vermischen das Christliche und das Jüdische«, sagt Gerda Dänekas. »Wir sind ja Brüder und Schwestern«, erinnert sie an die Verwurzelung des Christentums im Judentum. Dabei geht es dem 98-jährigen Holocaust-Überlebenden Albrecht Weinberg und seiner Partnerin weder um theologische Spitzfindigkeiten noch um eine Abgrenzung zwischen den Religionen. Weinberg denkt längst in anderen Kategorien: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir alle einen unterschiedlichen Gott haben.« Auch in dieser Hinsicht haben ihn die grauenhaften Erfahrungen mit der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik tief geprägt. »Ich habe meine Religion an den Nagel gehängt, seit ich in Auschwitz war«, sagt er - und fragt: »Wo war der liebe Gott, als alle ermordet wurden?« Für ihn gelten übergeordnete Maßstäbe des gesellschaftlichen Miteinanders: »Wenn ein Mensch ein Mensch ist«, sagt er, sei viel gewonnen. »Das ist meine Religion.«