Gegen den Riss in der Gesellschaft
Gedenken an ermordete Bunder Juden – Schicksal der Familie Issen bewegt
Am 21. März 1940 musste die letzte jüdische Familie aus Bunde ihre Heimat verlassen. Aus diesem Anlass wird in Bunde jedes Jahr an das Schicksal der im Holocaust ermordeten Juden erinnert. In diesem Jahr fand die Gedenkveranstaltung, an der rund 50 Menschen teilnahmen, ausnahmsweise bereits am 12. März statt. Im Mittelpunkt stand das Schicksal von Friederike Issen, geborene Hess, und ihrer Familie. Friederike Hess wurde 1885 in Bunde geboren. Nach ihrer Berufsausbildung arbeitete sie im Ruhrgebiet und lernte dort Gustav Itzigsohn kennen, mit dem sie vier Kinder bekam. 1928 nahm die Familie als Reaktion auf zunehmende antisemitischer Anfeindungen den Namen Issen an. 1933 änderte sich für die Familie alles. Gustav Issen verkaufte einen Transportwagen an drei Männer, die sich als Mitglieder der SA herausstellten. »Wir bezahlen doch keine Juden«, verweigerten sie die Zahlung. Issen reagierte wütend und schlug die Männer mit einer Peitsche. »Seine Frau Friederike tat das einzig Richtige: Sie packte die Koffer«, berichtete Theus Graalmann vom Arbeitskreis »Erinnerung jüdische Bürgerinnen und Bürger Bunde«. Die Familie floh nach Groningen. Nachdem deutsche Truppen die Niederlande 1940 besetzt hatten, wurden die meisten Mitglieder der Familie Issen im Sommer 1942 verhaftet, in das Lager Westerbrok transportiert und von dort auf andere Konzentrationslager verteilt. Einzig die Söhne Jakob, Heinz und Tochter Ruth sollten den Holocaust überleben. Antisemitismus sei wieder en vogue, sagte Pastor Christoph Heikens von der altreformierten Kirchengemeinde Bunde in seiner Andacht während der Gedenkveranstaltung. »Deshalb sind wir heute hier«, betonte der Pastor. Man dürfe nicht vergessen, sondern müsse mahnend erinnern. Viele hätten das Gefühl, dass in unserer Gesellschaft wieder etwas einreiße, so Heikens. Er schlug damit den Bogen zum Mahnmal an der Bunde Sparkasse. Dort sei ein Riss eingearbeitet, um an den Riss zu erinnern, den die Nazis und der Holocaust hinterlassen haben. »Wir sind alle hier, weil uns dieser Riss nicht egal ist.«